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Zwischen Nadel, Faden, Filz und Webstuhl
Ausgewählte, zeitgenössische Positionen textiler Kunst

Jochen Flinzer, Hamburg/ Nürnberg; Anne Haring, Saarbrücken; Sandra Heinz, Mainz; Rebecca Hilser, Halle; Alain Jacquet (1939-2008); YunYoung Kim, Halle/ Südkorea; Victoria Martini, München; Lisa Reichmann, Halle; Victor Schönrich, Darmstadt; Annegret Soltau, Darmstadt; Angelika Summa, Würzburg; Patricia Waller, Berlin; Peter Weber, Maisach; Sonja Weber, München und Rita Zepf, Berlin.

Ausstellungsdauer:

13. August 2023 - 23. September 2023

Öffnungszeiten:

Do - Fr 14.30 bis 19.00 Uhr & Sa 10.00 bis 14.00 Uhr (u. n. tel. Vereinbarung)

Gewoben und gestickt, geklöppelt und gefilzt, gestrickt und gehäkelt, appliziert und collagiert wurde im Umkreis des Textilen schon immer. Angewandt, in den unendlichen Zusammenhängen textiler Stofflichkeit, umgibt uns das Material als Kleidung oder, inszeniert, als Körperskulptur und in der Umgebung häuslichen Daseins, als Element des Schmückens und des Ausstaffierens! „Gewirk und Gewebe“ entsteht im Spannungsfeld von „rohem Leinen“ und „grobem Flachszeug“ bis hin zu kostbarsten Brokaten und Seidenstoffen.

Eine Hoch-Zeit erfährt textiles Material im Mittelalter, als es von Byzanz und Sizilien nach Norditalien gelangte und schließlich Blütezeiten in Frankreich und Flandern erlebte! Höchste Kunst erlebt man, wenn man in der unmittelbaren Anschauung im Musée National Moyen Âge (dem früheren Musée de Cluny in Paris) vor den Millefleurs-Wandbehängen „Die Dame mit dem Einhorn“ vom Ende des 15. Jahrhundert wie angewurzelt steht!


Heute genießt textile Kunst neben den Materialien Papier, Farbe, Leinwand, Holz, Stein, Bronze, Kunststoff, Draht, Naturales bis hin zu Beuysschem Fett und Blutwurst und Dieter Roths Brot, Schokolade und Käse-Einsatz eine grandiose Renaissance und es entstanden und entstehen, nicht nur im Atelier von Alighiero Boetti (1940-1994) oder Rosemarie Trockel (1952) bedeutende Kunstwerke des Textilen, sondern ebenso in den Werkstätten unserer 15 ausgewählten Künstler:innen, die an der Ausstellung beteiligt sind.


Fast alle Möglichkeiten auslotend setzen die Künstlerinnen und Künstler unserer Ausstellung Material und Technik des Textilen souverän ein und geben damit einen breiten und eindrucksvollen Überblick im künstlerisch- textilen Schaffen der Gegenwart.

 

Jochen Flinzers gesticktes Werk hat immer zwei vollgültige Seiten, unter Verwendung von gedruckten Abbildungen. Anne Haring arbeitet mit Stoff als Material für ihre reduzierten, körperhaften Skulpturen. Sandra Heinz druckt Gewebe ab, stickt Bücher und erinnert mit verfestigter Stofflichkeit an Gewandung. Rebecca Hilser erfindet in ihren großen Wandarbeiten ästhetische Landschaften, die aus der Kombination sehr unterschiedlicher Stoffmaterialien erwachsen. Alain Jacquet beschäftigt sich mit grobem Gewebe und spürt signifikanten Strukturen des Textilen nach. YunYoung Kim verbindet mit ihren feinen Stickereien die Kulturen der Welt und gelangt zu kleinen erzählerischen Bildtafeln. Für Victoria Martini gibt es zahlreiche Themen: Architektur, die Welt des Organischen und abstrakte Wolkengebilde. Lisa Reichmann geht den unmittelbaren Weg von der Erzählung eigener Geschichte zur eruptiven Abstraktion.

 

Victor Schönrich webt seine Fantasien vom Weltgeschehen im Beziehungsgeflecht von Figur und Abstraktion; seine Wandarbeiten lassen unendlichen Raum zum Entdecken. Annegret Soltau findet im Zusammenfügen mit Nadel und Faden neue Bildrealitäten ihrer eindrucksvollen zerrissenen Fotografien. Angelika Summa arbeitet mit feinen Metallfäden und erschafft Körperskulpturen mit großer Präsenz. Patrizia Waller ist die große Meisterin des Häkelns; ihre kritischen Arbeiten sind überdeutlich formuliert und leben aus leuchtender Farbigkeit. Peter Weber faltet Filz in einer solitären Weise; die Strenge seiner Arbeit traut man dem Stofflichen kaum zu. Sonja Weber webt! Ihre Jacquard-Bilder reflektieren Natur, Landschaft, Wasser und Berge auf eine besondere, nie gesehene Weise. Rita Zepfs textile Umsetzungen von stehenden und bewegten Bildern erzählen Geschichten aus geschehenem Leben.

 

Wir danken den Künstlerinnen und Künstlern oder ihren galeristischen Vermittler:innen für ihre solitären Beiträge und für die weite Spanne der künstlerischen Äußerungen, die unserer Ausstellung durch Qualität und Vielfalt ihr Gepräge geben.